Verdammt lang war sie gewesen: die Serie verlorener Begegnungen - ganze 12 Partien am Stück. Verdammt lang her obendrein der letzte Heimsieg (16.04.16 – 36:32 gegen die Füchse Berlin). Und nach den Unruhen und Negativerlebnisse der vergangenen Wochen (Trainerrücktritt / Verletzungen / finanzielle Schräglage) war nicht unbedingt mit einem Ende der sportlich „schwarzen“ Serie zu rechnen.
Doch es kam anders. Von der ersten Sekunde an war zu spüren, dass sich Celles Minikader (nur 9 einsatzfähige Feldspielerinnen standen zur Verfügung) teuer verkaufen wollte, dass man eben doch noch in der 1. Bundesliga gewinnen kann.
Sarah Lamp und Natasha Ahrens brachten Celle zu Beginn zweimal in Führung (1:0 / 2:1), ehe die Leipzigerinnen so langsam Fahrt aufnahmen und ihrerseits mit 6:3 in Führung gingen. Doch der SVG blieb dran – und vor allem lästig für die hochfavorisierten Leipzigerinnen. Ein ums andere Mal zwang die sehr bewegliche wie aggressive Celler Deckung den amtierenden Pokalsieger in der Offensive ins Zeitspiel. Und nach vorn gab es im Vergleich zu den vergangenen Wochen kein Halten mehr. So als hätte jemand die Handbremse in den Köpfen gelöst, erzielte Kim Wahle nach einem Marsch über das komplette Spielfeld den umjubelten 11:11-Ausgleich (23. Minute). Das 11:12 von Leipzigs Nationalspielerin Shenia Minevskaja egalisierte Lareen Gräser von der Rechtsaußenposition umgehend. Dass Anne Hubinger bereits sieben Sekunden später das 12:13 erzielte, störte den SVG-Spielfluss nicht weiter. Kim Wahle besorgte im direkten Gegenzug den erneuten Ausgleich (13:13). Zwar gingen die Gäste mit einer 14:13 in die Halbzeitpause, doch war es imponierend wie inspirierend zu sehen wie die dezimierte Celler Mannschaft den offenen Schlagabtausch mit dem deutschen Rekordmeister suchte – ohne Rücksicht auf (weitere) Verluste.
Nach dem Wechsel hatte der SVG zunächst den Ball, und letzterer landete Sekunden später durch Johanna Heldmann im Kasten der Gäste – 14:14. Doch Leipzig steigerte jetzt noch einmal das Tempo. Vor allem gegen die platzierten Rückraumwürfe der deutschen Nationalspielerinnen Shenia Minevskaja und Anne Hubinger war SVG-Keeperin Chantal Pagel (noch) machtlos. So ging der HCL in der 36. Minute mit 18:15 in Führung, und es schien sich der erwartete Spielverlauf einzustellen. Doch die SVG-Spielerinnen zeigte eine schier unglaubliche Moral. Natasha Ahrens und Sarah Lamp verkürzten auf 17:18. Und hinten im Tor hielt Chantal Pagel fortan, was zu halten war. Beim 20:19 durch Johanna Heldmann waren die Gastgeberinnen erstmals wieder vorn. Als Leipzigs Minevskaja beim Stand von 22:21 für Celle einen Siebenmeter an den Pfosten setzte, und im Gegenzug die überragende Sarah Lamp mit zwei weiteren Treffern die Celler Führung auf 3 Tore ausbaute (24:21), glaubte auch das Celler Publikum zum ersten Mal an eine mögliche Sensation. Nach dem HCL-Trainer Rentsch sein Team bei einer weiteren Auszeit neu eingestellt hatte, gelang dieser binnen zwei Minuten der 25:25-Auszeit. Als wenig später Chantal Pagel einen Siebenmeter von Leipzigs Anne Hubinger abwehren konnte, hatte es spätestens jeder in der Halle begriffen: „Heute geht was! Die letzten 2 Minuten waren aus Celler Sicht eine Deckungsschlacht (Gänsehaut pur) – und das in Unterzahl. Mit Glück, Geschick und großem Einsatz konnten weitere Gegentreffer verhindert werden. Und vorn arbeitete sich Kim Wahle zweimal derart zum Sechsmeterraum vor, dass sie nur rüde (und vor allem für sie äußerst schmerzhaft) gestoppt werden konnte. Die fälligen Strafwürfe verwandelte Barbara Laszlo eiskalt. Wenig später war das Spiel vorbei, die Sensation perfekt, und die schwarze Serie endlich Geschichte.
Vielen Dank für diesen denkwürdigen Abend!
SVG Celle:
Pagel u. Körner (n.e.) im Tor; Lamp (9), Laszlo (5/2), Heldmann (4), Ahrens (4), Wahle (3), Gräser (2), Wagenlader (1), Loest (1), Verschuren.
Fotos: Steven Kauffeld | fotostudiocelle.de , Ausnahme: DSC_0389.JPG von Susanne Völkers
